Einführung Lizenzrecht Teil 6 Vertragsgestaltung


Vertragliche Möglichkeiten


Die Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen eines Lizenzvertrages sind vielfältiger als vielfach angenommen. Die Pflichten, aber eben auch die Rechte als Lizenznehmer zu kennen, verbessert bereits die Verhandlungsposition. Im Gegensatz zum rechtlichen Dürfen enthält ein Lizenzvertrag vielfach Nutzungsbeschränkungen wie etwa die Maßgabe, eine Lizenz nicht in einem Netzwerk dem Zugriff frei zu geben, den Einsatz in einem Rechenzentrum oder eine Anbindung an die CPU bis hin zu Geheimhaltungspflichten.

Jeder Lizenzvertrag muss Mindestbefugnisse des Lizenznehmers gewährleisten. Klauseln, die diesen Mindestbefugnissen widersprechen, sind nichtig und begründen damit keine Rechte oder Pflichten.


Rechteübertragung und -einräumung

Die wichtigste Regelung eines Lizenzvertrages ist die Regelung, in welchem Umfang die Rechte an der Lizenz übertragen werden und damit auch die Möglichkeit der wirtschaftlichen Einflussnahme. In diesem Zusammenhang steht auch der Zugang zum Quellcode.

Fehlt es hier an einer entsprechenden oder ausreichenden Regelung, richtet sich der Nutzungsumfang nach dem Vertragszweck (sog. Zweckübertragungsprinzip). Dieser wird durch Auslegung ermittelt und führt letztlich nur zu Rechtsunsicherheiten, schlimmstenfalls Streitigkeiten. Von daher ist sich über die Rechteübertragung so detailliert wie möglich zu einigen und im Lizenzvertrag schriftlich festzuhalten.

Der Lizenzgeber kann dem Lizenznehmer ein ausschließliches oder nicht ausschließliches, übertragbares oder nicht übertragbares Nutzungsrecht bis hin zum unbeschränkten Nutzungs- und Verwertungsrecht an dem Lizenzprodukt einräumen. Begrenzt wird die Verwertungsmöglichkeit des Lizenzgebers in jedem Falle durch den sog. Erschöpfungsgrundsatz. Dieser besagt, dass das Verbreitungsrecht des Urhebers dann erschöpft ist, wenn der Lizenzgeber im Gebiet der europäischen Gemeinschaften oder eines anderen Vertragsstaates das Abkommen über den europäischen Wirtschaftsraum das Softwareprodukt durch Veräußerung in den Verkehr gebracht hat. Klauseln oder vertraglichen Vereinbarungen, die diesen Grundsatz zum Vorteil des Lizenzgebers verändern, sind sowohl nach deutschen als auch europäischem Recht unzulässig.

Hinterlegung Quellcode

Der Lizenzgeber möchte bei proprietärer Software den Quellcode nicht herausgeben, sondern gewährt nur die Nutzung. Doch was passiert, wenn der Softwarehersteller etwa insolvent geht? Ohne Zugangsmöglichkeit zum Quellcode ist dem Lizenznehmer dann die Möglichkeit, seine bezahlte Software zu modifizieren bzw. modifizieren zu lassen, verwehrt.

In der Praxis werden daher in den Lizenzvertrag vielfach Klauseln aufgenommen, die die Hinterlegung des Quellcodes regeln (sog. Escrow-Vereinbarung). Durch diese treuhänderische Hinterlegung bei einem Dritten, zumeist eigenständigen Escrow-Dienstleistern, wird dem Interesse Lizenzgebers an der Zurückhaltung des Quellcodes ebenso wie dem Interesse des Lizenznehmers, bei Problemen des Lizenzgebers indirekt an den Quellcode zu gelangen, am besten Rechnung getragen.

Sicherungskopie und Testlauf

Eines der Mindestbefugnisse des Lizenznehmers stellt die Sicherungskopie dar. Der Lizenznehmer muss berechtigt sein, sich eine Kopie des Lizenzproduktes zu Sicherungszwecken herzustellen, immerhin hat er für die Lizenz bezahlt und darf auch eigenen Sicherungsmaßnahmen treffen. Eine Abweichung von diesem Recht zulasten des Lizenznehmers ist unzulässig.

Grundsätzlich hat de Urheber das Recht, über die Veröffentlichung, Vervielfältigung und Verbreitung zu entscheiden. Wird eine neue Software und Lizenz erstmalig installiert und sei es nur zu einem Testlauf, dann handelt es sich rein rechtlich bereits um eine Vervielfältigung. Da es sich jedoch bei einem Testlauf jedoch um eine bestimmungsmäßige Nutzung handelt, ist ein Testlauf und Beobachtung immer zulässig, selbst dann, wenn der Verwender dabei die Programmstruktur erkennen könnte. Klauseln, die einen Testlauf untersagen, sind unzulässig. Da diese in der Praxis jedoch selten auftreten, ist dieser Hinweis eher theoretischer Natur.

Fehlerberichtigung

Jeder Lizenznehmer ist zur Fehlerberichtigung auch außerhalb der Wartung berechtigt, solange keine Dekompilierung oder Vervielfältigung des Lizenzproduktes (über die Sicherungskopie hinaus) stattfindet. Dieses Recht ist nicht nur nach dem Urhebergesetz gewährleistet, sondern ergibt sich eigentlich bereits aus dem Umstand, dass der Lizenzgeber ein fehlerfreies Produkt zu liefern hat.

In der Praxis ist eine Fehlerbehebung vielfach gar nicht möglich bzw. nur nach Dekompilierung. Durch Dekompilierung oder auch Reverse Engineering wird eine Rückwärtsanalyse zum Quellcode und den Programminformationen durchgeführt. Dies ist jedoch nur dann zulässig, wenn zur Ermittlung von Schnittstelleninformationen zwingend erforderlich ist.

Einsatzbeschränkungen

Viele Lizenzverträge enthalten genaue Vorgaben für den Installationsort. Dies kann bedeuten, dass eine Installation für einen ganz bestimmten Rechner vorgesehen ist (sog. CPU-Klausel) oder auch Netzwerkverbote und Rechenzentrumsverbote festgelegt sind. Für das Lizenzmanagement ist daher genau zu klären – und darauf zu achten – dass diese Vereinbarungen bzw. Vorgaben eingehalten sind.

Vergütung

Vom Lizenzumfang hängt auch die Vergütung ab, jedoch nicht nur von der Anzahl der Lizenzen. Es wird zunehmend von der Pauschalvergütung zu individuellen Vergütungsmodellen übergegangen, etwa in Abhängigkeit von der Nutzungsintensität. Hierbei bietet sich das sog. Digital Right Management (DRM) nicht nur als Kontrollmöglichkeit, sondern auch als Abrechnungsmodell an.

 

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Portrait Tilo-Schindele Tilo Schindele, Rechtsanwalt, Stuttgart

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