DIE HANDELSVERTRETERPROVISION EINFÜHRUNG Teil 4 Provisionspflichtige Geschäfte des Handelsvertreters Bezirksprovision und Kundenprovision

4. Die Bezirks- und Kundenprovision

Die Bezirks- und Kundenprovision findet in § 87 Abs. 2 HGB eine gesetzliche Regelung. Auf folgende Punkte soll im Einzelnen eingegangen werden:

  • allgemeine Aspekte der Bezirksprovision (4.1.)
  • die Vereinbarung von Bezirksvertretung (4.2.)
  • die provisionspflichtige Geschäfte (4.3.)
  • abweichenden Vereinbarungen (4.4.)

4.1. Allgemeines

Bezirksvertreter ist der Handelsvertreter, dem ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis (gemeint: potentieller Kundenkreis, Interessentenkreis) zugewiesen ist. In der Regel wird dem Handelsvertreter ein bestimmter geographisch abgrenzbarer Bezirk zugewiesen.

Beispiel:
Dem Handelsvertreter wird das Vertriebsgebiet des Postleitzahlbereichs Karlsruhe 76... zugewiesen.
Hier wurde Bezirksvertretung vereinbart

Dem Bezirksvertreter erhält Provision für alle Geschäfte die in seinem Bezirk abgeschlossen werden. Das sind zum einen, die Geschäfte die von ihm selbst vermittelt werden. Für diese erhält der Bezirksvertreter die herkömmliche Vermittlungsprovision. Für Geschäfte in seinem Bezirk an denen der Bezirksvertreter nicht beteiligt war, die z.B. der Unternehmer oder ein anderer Handelsvertreter vermittelt hat, erhält er Bezirksprovision. Es handelt sich hierbei um eine tätigkeitsunabhängige Provision des Handelsvertreters.

Der Bezirksvertreter erhält die Handelsvertreterprovision aufgrund seiner Gesamtbemühungen um den ihm zugewiesenen Kundenkreis oder Bezirk.

Die Unterscheidung zwischen der Vermittlungsprovision und der Bezirksprovision des Handelsvertreters ist nach Vertragsbeendigung erneut von Bedeutung bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs.

4.2. Bezirksvereinbarung und Änderungen

Die Bezirksvertretung durch den Handelsvertreter erfolgt durch eine vertragliche Vereinbarung im Handelsvertretervertrag mit dem Unternehmer.

Wie sieht die Vereinbarung einer „Bezirksvertretung“ aus?

  • Der Handelsvertreter ist im Vertrag ausdrücklich als Bezirksvertreter bezeichnet.
  • Die Zusicherung von Kundenschutz genügt für die Vereinbarung einer Bezirksvertretung.
  • Der Handelsvertretervertrag enthält eine Klausel, wonach alle unmittelbaren und mittelbaren Geschäfte des Handelsvertreters innerhalb eines bestimmten Bereichs provisionspflichtig sind. Hier handelt es sich ebenfalls um eine Bezirksvertretung.

Änderungen des Bezirks
Wird im Handelsvertretervertrag eine Bezirksvertretung vereinbart, kann der Unternehmer dem Handelsvertreter nicht einseitig einen anderen Bezirk zuteilen oder sonstige Beschränkungen der Bezirksvertretung vornehmen. Zu einer Änderung, die die Bezirksvertretung betrifft, bedarf es immer einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien. Allerdings kann der Unternehmer zu einer einseitigen Änderung berechtigt sein, wenn er sich im Vertrag ein entsprechendes Recht vorbehalten hat.

Möchte der Unternehmer den Vertriebsbezirk seines Handelsvertreters ändern und hat sich dieses Recht nicht vertraglich vorbehalten, hat er die Möglichkeit dem Handelsvertreter eine Änderungskündigung auszusprechen. Das bedeutet: er kündigt dem Handelsvertreter das bestehende Vertragsverhältnis insgesamt und bietet ihm gleichzeitig an, den Vertrag mit geänderten Bedingungen fortzusetzen. Nimmt der Handelsvertreter das Angebot des Unternehmers nicht an, findet das Vertragsverhältnis sein Ende.

4.3. Provisionspflichtige Geschäfte

Auch bei der Bezirks- und Kundenprovision sind die provisionspflichtigen Geschäfte anzusprechen:

  • Welche Geschäfte sind provisionspflichtig (4.3.1.)
  • Zugehörigkeit zum Bezirks- / Kundenkreis (4.3.2.)
  • Abschluss während Vertretervertrages (4.3.3.)
  • Tätigkeitspflicht des Bezirksvertreters (4.3.4.)

4.3.1. Art der Geschäfte

Der Bezirksvertreter erhält für alle im Bezirk abgeschlossenen Geschäfte Provision. Die hier besprochene Bezirksprovision erhält er für Geschäfte in seinem Bezirk an denen er nicht beteiligt war. Der Anspruch auf Bezirksprovision entsteht also unabhängig von der Mitwirkung des Handelsvertreters (4.3.4.).

4.3.2. Zugehörigkeit zum Bezirks- oder Kundenkreis

Weiter setzt der Provisionsanspruch des Bezirksvertreters voraus, dass das Geschäft mit einem Kunden abgeschlossen wird, der zum Bezirk oder Kundenkreis des Bezirksvertreters gehört. Als Kunden des Bezirks sind diejenigen anzusehen, die ihren Wohnsitz oder ihre geschäftliche Niederlassung im Bezirk des Handelsvertreters haben. Entscheidend ist die Bezirksansässigkeit des Bestellers; nicht der Ort, an den zu liefern ist.

Beispiel:
Ein bezirkszugehöriger Kunde will, dass der Handelsvertreter die Ware an einen Empfänger außerhalb des Bezirks liefern lässt.
Aus diesem Geschäft erwächst dem Handelsvertreter ein Provisionsanspruch, weil der Kunde seine geschäftliche Niederlassung im Bezirk des Handelsvertreters hat .

4.3.3. Geschäftsabschluss während des Vertragsverhältnisses

Eine weitere Voraussetzung für den Anspruch auf Bezirksprovision ist, dass das Geschäft während des Vertragsverhältnisses des Handelsvertreters abgeschlossen worden ist.
Wurde das Geschäft zur Zeit des Vorgängers des Handelsvertreters abgeschlossen und hat dieser das Geschäft überwiegend vorbereitet oder vermittelt, steht dem Vorgänger die Provision zu. Eine Bezirksprovision erhält der aktuelle Handelsvertreter hierfür nicht (§ 87 Abs. 2 Satz 2 HGB). (à 5.)

Zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Handelsvertretervertrag;
  • Zugewiesener Vertriebsbezirk, Bezirksvertretung

Beispiel:
Unternehmer U und Handelsvertreter H schließen einen Handelsvertretervertrag. U weißt dem H erst später einen Bezirk zu.
H hat nur Ansprüche auf Bezirksprovision für die Geschäfte, die nach Zuweisung des Bezirks abgeschlossen werden .

4.3.4. Mitwirkung des Bezirksvertreters

Die Bezirksprovision ist eine tätigkeitsunabhängige Provision, die der Bezirksvertreter bei Geschäftsabschlüssen des Unternehmers mit bezirksangehörigen Kunden ohne Mitwirkung des Handelsvertreters erhält. Es spielt keine Rolle aus welchen Gründen das Geschäft nicht vom Handelsvertreter selbst vermittelt oder abgeschlossen wurde.

Beispiel:
Es erfolgen Geschäftsabschlüsse mit Bezirkskunden des Handelsvertreters B. Zum Zeitpunkt der Geschäftsabschlüsse war B arbeitsunfähig.
Der Anspruch des Handelsvertreters auf Bezirksprovision entsteht auch in diesen Fällen .

4.4. Abweichende Vereinbarungen

Die Vorschrift des § 87 Abs. 2 HGB kann durch die Parteien abweichend vertraglich geregelt werden. Dabei sind folgende Vereinbarungen möglich:

  • Die Parteien können vereinbaren, dass Provisionen für Geschäfte, die ohne Mitwirkung des Bezirksvertreters zustande gekommen sind, mit einem niedrigeren Satz zu verprovisionieren sind.
  • Unternehmer und Handelsvertreter schränken die Art der provisionspflichtigen Geschäfte ein.
  • Ist abzusehen, dass mehrere Handelsvertreter bei einem Kunden tätig sein können und am Geschäftsabschluss mitwirken, empfiehlt es sich Regelungen zu treffen, wem hier Provisionsansprüche zustehen, bzw. wie der Anspruch geteilt wird (Näheres im I. Kapitel unter 7.1).
  • Der Unternehmer kann sich im Vertrag vorbehalten, dass er sich bestimmte Kunden, die im Bezirk des Handelsvertreters ansässig sind, als sogenannte Direktionskunden sichert. Damit entzieht der Unternehmer dem Handelsvertreter bezüglich dieser Kunden die Zuständigkeit .

4.5. Besonderheiten für Versicherungsvertreter

Wie schon bei den Folgeprovisionen für Nachbestellungen (3.5) erhält der Versicherungsvertreter (§ 92 HGB) keine Bezirksprovision. Die tätigkeitsunabhängige Kundenschutz und Bezirksprovision wird im § 92 Abs. 3 HGB ausgeschlossen.

Wird dem Versicherungsvertreter ein Vertreterbezirk zugewiesen, so ist darin keine Bezirksvertretung im Sinne § 87 Abs. 2 HGB mit der Folge von Bezirksprovisionen zu sehen. Dem Versicherungsvertreter wird damit lediglich ein bestimmtes Vertriebsgebiet zugewiesen, auf den sich seine Vertriebstätigkeit ausschließlich erstreckt.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung" von Harald Brennecke und Kathrin Stipp, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de.


 

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Stand: Juli 2007


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.

Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.

Er begleitet den Aufbau und die Konzeption von Franchisesystemen und Partnersystemen im Bereich Handel, Dienstleistung und Beratung. Er gestaltet und prüft Franchiseverträge und Masterfranchiseverträge. Er verhandelt für Parteien von Franchisesystemen im Interesse einer konstruktiven Zusammenarbeit und vertritt bei Verletzungen der Verpflichtungen von Franchisegebern und Franchisenehmern.

Rechtsanwalt Brennecke vertritt weiterhin bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten und Geschäftsgeheimnissen. Er ist besonders spezialisiert auf zivilrechtliche wie strafrechtliche Verfahren in Bezug auf  unzulässige Verwendung von Kundendaten und anderen Geschäftsgeheimnissen (17 UWG).

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so

  • "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
  • "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
  • "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0


Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

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  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis


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