Einführung in die MiFID (Die Europäische Finanzmarktrichtlinie)


Autor(-en):
Christian Metzger
wissenschaftlicher Mitarbeiter


1. Hintergrund zur Schaffung der MiFID

Für die Harmonisierung des europäischen Bank- und Kapitalmarktrechts sollte eine einheitliche Gesetzesgrundlage - eine Art „kapitalmarktrechtliche Verfassung“ für den europäischen Finanzmarkt - geschaffen werden. Bei der Frage nach der Durchführung fiel die Entscheidung gegen eine Verordnung und zu Gunsten einer Richtlinie aus: Die europäische Finanzmarktrichtlinie (MiFID), durch welche die ältere Wertpapierdienstleistungsrichtlinie (ISD) abgelöst wurde.

2. Entstehung und Änderungen


Durch das Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) wurde die MiFID nahezu „eins-zu-eins“ in deutsches Recht umgesetzt. Das FRUG ist am 01.11.2007 in Kraft treten und führt zu einer Novellierung des deutschen Bank- und Börsenrechts.

3. Zweck der MiFID und des FRUGs


Vor allem soll durch die umgesetzte Richtlinie EU-weit ein hohes Maß an Anlegerschutz gewährleistet und durch eine einheitliche Regelung des Wertpapierhandels der Wettbewerb transparenter gestaltet und intensiviert werden.

4. Anlegerschutz


4.1. Kundenkategorien

Anleger werden künftig zwingend einer Kundenkategorie zugeteilt. Je nach Qualifikation und Geschäftsumfang sind Anleger entweder Privatkunden (Kleinanleger oder „Retailkunden“) oder professionelle Kunden.

Aus der Kundenkategorie ergibt sich das Schutzbedürfnis der Anleger: Professionelle Kunden sind aufgrund ihrer umfangreichen Kenntnisse und Erfahrungen weniger schutzbedürftig als Kleinanleger.

4.2. Einstufung als professioneller Kunde

Auf Antrag können bestimmte Retailkunden vom Wertpapierdienstleister als professionelle Kunden eingestuft werden. Durch die Änderung der Kundenkategorie entfällt der verstärkte Anlegerschutz der Privatkunden. Eine Aufstufung darf daher nur erfolgen, wenn Anleger ihre Professionalität darlegen können, indem sie zwei der drei nachstehend genannten Kriterien erfüllen:

  1. Innerhalb des letzten Jahres wurden pro Quartal am relevanten Markt durchschnittlich 10 Geschäfte von erheblichem Umfang getätigt,
  2. ein Bank- und/oder Wertpapierguthaben in Höhe von mindestens 500.000 Euro ist vorhanden,
  3. es wurde für mindestens ein Jahr ein Beruf am Kapitalmarkt ausgeübt.

Einen Raum für Unklarheiten eröffnen die unbestimmten Rechtsbegriffe des ersten Punktes: „relevanter Markt“ und „von erheblichem Umfang“. Der relevante Markt ist im Zweifel der Wertpapiermarkt; der erhebliche Umfang muss in angemessener Relation zum Mindestguthaben des zweiten Punktes stehen.

4.3. Erkundigungs- und Informationspflicht

Um den Anlegerschutz durch die Einteilung in die angebrachte Kategorie einzuhalten, müssen Anlageberater - je nach Art des Geschäftes - zu Beginn der Beratung unterschiedlich umfangreiche Erkundigungen über die Anleger („know your customer“) einholen.

Kunden müssen zudem gegebenenfalls vor Vertragsschluss über das betreffende Produkt umfassend informiert und auf mögliche Risiken hingewiesen werden.

Aus den genannten Grundsätzen ergibt sich folgende Dreiteilung:

  • Handelt es sich lediglich um ein „Discount-Broking Geschäft“, so entfällt sowohl die Warnpflicht als auch die Pflicht zur einzelfallbezogenen Erkundigung. „Discount-Broking“ Kunden sind daher weder auf ihre Qualifikation zu überprüfen noch über besondere Risiken aufzuklären. 
  • Ist ein Geschäft mit Wertpapierbezug weder ein „Discount-Broking-Geschäft“ noch eine Anlageberatung oder Portfolioverwaltung, so beschränkt sich die Erkundigungspflicht auf die Kenntnisse der Kunden, welche sich auf den Geschäftsgegenstand beziehen. 
  • Bei reinen Anlageberatungen und Portfolioverwaltungen müssen sich Finanzdienstleister jedoch umfangreich über die Anleger erkundigen und diese ausdrücklich auf konkrete Risiken hinweisen.

Die dargestellte Dreiteilung ist einzelfallbezogen. Entfiel die Informationseinholungspflicht zunächst, weil der Kunde zunächst selbst handelte, so wird sie für denselben Kunden zwingend erforderlich, sobald dieser beispielsweise eine Portfolioverwaltung wünscht.

Kommen Anleger ihrer Informationspflicht nicht nach, so müssen Finanzdienstleister künftig die Beratung einstellen. Auf den ersten Blick scheint dies eine Bestrafung unkooperativer Anleger zu sein. Tatsächlich dient diese Konsequenz jedoch dem Schutz der Kunden: Kann die Eignung der Kunden nicht eingeschätzt werden, so können diese nicht angemessen beraten und somit geschützt werden.

Verdeutlicht wird dieser Gedanke durch nachstehende Regelung: Ergibt das Kundenprofil, dass die Kenntnisse der Anleger für das gewünschte Geschäft nicht ausreichend sind, so dürfen entsprechende Finanzprodukte nicht verkauft werden.



Autor(-en):
Christian Metzger
wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: September 2007


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