Vereinspraxis im Sozialversicherungsrecht - Beschäftigte im Verein: Teil 1. Einführung


1. Beschäftigte im Verein: Einführung

Es besteht zwischen dem Arbeitnehmerstatus nach arbeitsrechtlichen Vorschriften und dem Beschäftigtenbegriff nach dem Sozialversicherungsrecht ein Unterschied. Es handelt sich hierbei um zwei selbständige Rechtsinstitute, die im Einzelfall deckungsgleich sein können, es aber nicht automatisch sein müssen.

Die Sozialversicherungspflicht wird grundsätzlich durch die Ausübung einer Beschäftigung begründet. § 7 Abs. 1, S. 1 SGB IV liefert eine Legaldefinition des Begriffs. Danach ist unter einer Beschäftigung eine nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis zu verstehen. Die Norm enthält in dessen Satz 2 Anhaltspunkte für die weitere Bestimmung einer Beschäftigung. Die Beschäftigung ist danach eine Tätigkeit nach Weisungen hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort etc. und beruht auf einer Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsberechtigten.

Daneben können weitere Kriterien zur Bestimmung des Beschäftigtenverhältnisses herangezogen werden. So kommt der Stärke der Einflussmöglichkeit auf die Geschicke des Vereins, der Abbedingung des Selbstkontrahierungszwanges (§ 181 BGB) sowie einer eingeräumten Alleinvertretungsberechtigung besonderes Gewicht zu der Betreffende unterliegt in diesen Fällen keinen Weisungen durch den Verein oder anderen Vertretungsberechtigten. Er kann damit die Geschicke des Vereins maßgeblich beeinflussen. Eine weitere Einflussnahmemöglichkeit kann daneben aus dem übertragenen Aufgabenfeld resultieren. Der Betreffende kann nach dem Beschäftigungsvertrag für die Geschäfte, die der gewöhnliche Betrieb des Vereins mit sich bringt, z.B. die Verantwortlichkeit für zentrale Unternehmensfragen wie Personalfragen verantwortlich sein. Die Einflussnahmemöglichkeit kann sich aber auch aus ausschließliche Branchen –und Betriebskenntnisse des Betreffenden ergeben.

Als gewichtiges Indiz kann des Weiteren die vereinbarte Vergütung herangezogen werden. Die Parteien können z.B. eine Regelung über ein erfolgsabhängiges Honorar in Form einer Tantieme im Falle eines positiven operativen Jahresergebnisses vereinbaren. Bei einer entsprechenden Vereinbarung erfolgt die Leistung nicht nur auf Rechnung des Vereins, sondern zusätzlich auf Rechnung des Handelnden, der die Unternehmerrisiken trägt.

Formale Merkmale spielen hingegen zumeist bei der Beurteilung keine Rolle. Diese sind zum Beispiel:

  • Die Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen durch den Auftraggeber;
  • Die Führung einer Personalakte durch den Auftraggeber;
  • Bezeichnung des Dienstverpflichteten als Beschäftigten;
  • Die Teilnahme des Betroffenen an Betriebsratswahlen;
  • Die Zahlung von Gewerbe-, Umsatz- und Einkommensteuer an Stelle von Lohnsteuer;
  • Die Anmeldung eines Gewerbes;
  • Die Eintragung ins Handelsregister.


Ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, entscheidet grundsätzlich die jeweilige Krankenkasse als Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Ergänzend gibt es ein so genanntes Anfrageverfahren zur Statusklärung. Für einen solchen Antrag ist die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRB, vormals BfA) zuständig. Entschieden wird aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls (§ 7 a Abs. 2 SGB IV). Zu beachten ist dabei, dass diese Gesamtabwägung kein mathematischer Akt ist, bei dem die einzelnen Kriterien lediglich gegeneinander aufgerechnet werden. Vielmehr kommt es darauf an, welche Merkmale in ihrer Bedeutung überwiegen und nach der allgemeinen Verkehrsauffassung das Gesamtbilden prägen. Die maßgebenden Umstände haben die Kassen und die Deutsche Rentenversicherung Bund, beruhend auf den im SGB herrschenden Untersuchungsgrundsatz, selbst zu ermitteln (§ 20 SBG X). Nach § 7 a Abs. 1, S.1 SBG IV kann der Beschäftigte sowie der Beschäftigungsgeber einen schriftlichen Antrag auf Feststellung einer Beschäftigung stellen.

In allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung, einschließlich der Arbeitslosenversicherung wird für Beschäftigte, die für ihre Tätigkeit ein Entgelt erhalten, eine Versicherungspflicht angeordnet. Dies ist dem SBG IV zu entnehmen, das gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherungen enthält, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV. Die Versicherungspflicht für die gesetzliche Krankversicherung ist konkret in § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und für die gesetzliche Rentenversicherung in § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI geregelt. § 20 Abs.1, S. 1 Nr. 1 SGB XI und § 25 SGB III ordnen speziell die Versicherungspflicht für die soziale Pflegeversicherung und Arbeitsförderung an.

Beitragssätze für das Jahr 2008:

  • Krankenversicherung, je nach Krankenkasse unterschiedlich (ca. 14%),
  • Pflegeversicherung 1,7 %,
  • Rentenversicherung 19,9 %,
  • Arbeitslosenversicherung 3,3 % (2007: 4,2 %).


Auszug aus dem Buch „ Der Verein als Arbeitgeber – Vereinspraxis im Arbeit-, Sozial-, und Lohnsteuerrecht und Personalwesen“ von Marc Wandersleben und Isabell Hartung, Verlag Mittelstand und Recht, 2008



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Stand: 2008/05


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