Bewerbungsgespräch: Frage- und Untersuchungsrecht


Das Fragerecht ist das Recht des Arbeitgebers dem Bewerber Fragen zu stellen, an deren Beantwortung ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse im Hinblick auf das zukünftige Arbeitsverhältnis besteht. Daraus folgt, dass bei der Beantwortung der Fragen durch den Arbeitnehmer eine Täuschung nicht zwingend rechtswidrig sein muss.

Beim Informationsaustausch zur Einstellung ergibt sich ein Konflikt zwischen unterschiedlichen Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Zur Lösung des Interessenkonfliktes wurden vom Bundesarbeitsgericht einige Grundsätze aufgestellt:

Der Arbeitgeber darf nur Fragen stellen, soweit sein Interesse das Interesse des Arbeitnehmers überwiegt. Dies kann jedenfalls nur dann der Fall sein, wenn und soweit die Frage für den in Aussicht gestellten Arbeitsplatz relevant ist.
Die Auskunftspflicht des Bewerbers endet regelmäßig dort, wo dessen Persönlichkeitsrecht tangiert wird, ohne dass hierfür sachliche Gründe vorliegen.

Der Arbeitgeber muss alles, was er wissen will, erfragen. Lediglich in besonderen Ausnahmefällen, so wenn der Arbeitnehmer für den Job überhaupt nicht in Betracht kommt, besteht eine Offenbarungspflicht.

Der Bewerber ist im Rahmen der mit der Aufnahme der Vertragsverhandlungen entstehenden wechselseitigen Schutz- und Sorgfaltspflichten verpflichtet, auf zulässigerweise gestellte Fragen des Arbeitgebers wahrheitsgemäß zu antworten (Fußnote).

Auf unzulässige Fragen kann der Bewerber bewusst unrichtig antworten (Fußnote), um Nachteile zu vermeiden. Der Arbeitgeber kann in diesem Fall später nicht wegen Irrtums oder Täuschung anfechten, weil der Arbeitnehmer einen Rechtsgrund für seine Täuschung hatte.

Beantwortet der Arbeitnehmer eine zulässige Frage des Arbeitgebers wahrheitswidrig, so berechtigt dies den Arbeitgeber regelmäßig zur Anfechtung des Arbeitsvertrages nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung. War die Falschbeantwortung der Frage für den Arbeitgeber jedoch offensichtlich und ist deshalb bei ihm kein Irrtum entstanden, kann der Vertrag nicht angefochten werden (Fußnote).

Beispiel:
Der 30jährige, 1,50m große Minderwüchsige – und dadurch schwer behinderte – L bewirbt sich bei der Soft- und Hardwarefirma APS als Aushilfskraft. Die Frage nach der Schwerbehinderung beantwortet er auf dem Personalfragebogen mit „nein“. Da dem L die Minderwüchsigkeit auch bei persönlicher Vorstellung anzusehen war, liegt im Verhältnis zum Personalverantwortlichen der APS keine Täuschung vor.



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Stand: 08.06.2008


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Portrait Harald-Brennecke  Rechtsanwalt Harald Brennecke

Gericht / Az.: BAG in DB 1958, 282, BAG, 2 AZR 380/99
Normen: § 123 BGB

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