Teil 2: Die „vorherigen Bestellung“ bei einem Haustürgeschäft (§ 312 Abs. 1 BGB)

Teil 2:

Der Begriff der „vorhergehenden Bestellung“ entstammt der Vorschrift des § 55 Abs. 1 aus der Gewerbeordnung (GewO) und dient dort der Abgrenzung des stehenden Gewerbes vom Reisegewerbe. Eine „Bestellung“ bedeutet, dass der Verbraucher - persönlich oder durch einen Ermächtigten - den Unternehmer aus eigenem Entschluss und ausdrücklich aufgefordert hat, sich zu Verhandlungen über ein zumindest umrissenes Waren- und Dienstleistungsangebot zu bestimmter Zeit an einen der in Abs. 1 Nr. 1 genannten Orte zu begeben (vgl. Ann, in: Bamberger/Roth, BeckOK, § 312; Rn. 28 mit Verweis auf: BGH NJW 1989, 584). Die Einladung durch einen Ehepartner oder einen anderen Familienangehörigen ohne Ermächtigung schließt das Widerrufsrecht dagegen grundsätzlich nicht aus (BGH NJW 1983, 868; NJW 1991, 923 zu § 55 GewO). Für die Bestellung ist keine besondere Form vorgeschrieben, sodass diese auch konkludent, jedoch nicht durch bloßes Schweigen, erfolgen kann; aus Gründen der Beweissicherung sind aber schriftliche Unterlagen anzuraten, wie z.B. etwa durch Verwendung von Antwortkarten oder gesonderten Vordrucken. Jedoch ist eine vorgedruckte Formulierung in einem Vertragsformular, z.B. „Der Vertrag kam auf Einbestellung durch den Verbraucher zum Vertragsabschluss zustande“, nach der Rechtssprechung des Oberlandesgericht Dresden (Urteil v. 30.11.1999, 8 U 1687/99, MDR 2000, 755) in Bezug auf die Bestimmungen zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen wegen des Klauselverbots in § 309 Nr. 12b BGB unwirksam und nicht für den Beweis geeignet.

Wie der BGH in seinem Urteil vom 25.10.1989 (VIII ZR 345/88) ausführt, war bis dato in der Rechtsprechung und im Schrifttum umstritten, ob eine das Widerrufsrecht ausschließende „vorhergehende Bestellung des Kunden“ auch dann angenommen werden kann, wenn sie im Rahmen eines nicht vom Kunden veranlassten Telefonanrufs des Gewerbetreibenden ausgesprochen wird oder ob eine so zustande gekommene sog. „provozierte Bestellung" für die Anwendung des § 312 Abs. 2 Nr. 1 BGB außer Betracht zu bleiben hat. Entgegen vereinzelten Stimmen in der Literatur, die auch dann eine Bestellung durch den Verbraucher befürworten, wenn der Verbraucher nach einer telefonischen Kontaktaufnahme durch den Unternehmer diesen eingeladen hat, liegt nach derzeitiger überwiegender Ansicht, die auch von der Rechtssprechung aufgenommen wurde, keine Bestellung vor, wenn diese vom Unternehmer, etwa durch dessen unerbetenen Anruf hervorgerufen wurde (BGHZ 109, 127 = NJW 1990, 181; OLG Frankfurt NJW 1992, 246; OLG Brandenburg MDR 1998, 206; OLG Zweibrücken AIZ 1997, 26). Bei einer unerbetenen und dem Kunden unvorbereitet treffende telefonische Anfrage handelt es sich somit um eine sog. provozierte Bestellung. Das Widerrufsrecht bleibt also weiterhin für den Kunden bestehen.
Als provozierte Bestellung wird ferner gewertet, wenn eine sonstige persönliche Ansprache z.B. auf der Straße oder an der Haustür erfolgt, oder die Bestellung durch den Verbraucher aufgrund von Wurfsendungen (so Ott, aaO, Rn. 70) veranlasst wird.
Auch wenn der Verbraucher um einen informatorischen Hausbesuch bittet, um Vergleichsangebote einholen zu können, bleibt dem Verbraucher das Widerrufsrecht erhalten (BGHZ 109, 127, 135 = NJW 1990, 181). Es liegt keine „Bestellung“ vor, da es sich lediglich um eine Interessensbekundung handelt (vgl. auch OLG Stuttgart ZIP 2001, 322).

Liegt eine Bestellung durch den Kunden vor, wird aber anlässlich des bestellten Besuchs ein anderes, neues Geschäft geschlossen, greift § 312 Abs. 3 Nr. 1 nicht ein; das neue Geschäft kann vielmehr nach § 312 Abs. 1 widerrufen werden (BGH NJW 1999, 575).


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