Gesellschaftsrecht in der Insolvenz – Teil 03 - Insolvenzgründe

1.3 Insolvenzgründe

Gemäß § 16 InsO muss zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ein Eröffnungsgrund vorliegen. Diese können sein:

  • Zahlungsunfähigkeit --> 1.3.1
  • Drohende Zahlungsunfähigkeit --> 1.3.2
  • Überschuldung --> 1.3.3

1.3.1 Zahlungsunfähigkeit

Zahlungsunfähigkeit liegt lt. § 17 InsO vor, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Weiterhin kann die Zahlungsunfähigkeit angenommen werden, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Dass hier der Wortlaut des Gesetzes nicht reicht, um eine Zahlungsunfähigkeit zu beurteilen, hat der BGH erkannt und hierzu konkret ausgeführt:

Wer über einen Zeitraum von 3 Wochen mehr als 10% seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht begleichen kann, ist regelmäßig zahlungsunfähig6.

Bei der Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit ist bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit (z.B. OHG, KG, GbR) zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft zu unterscheiden. Es kann aufgrund der getrennten Vermögensmassen ein solches Unternehmen zahlungsunfähig sein, obwohl die Gesellschafter noch zahlungsfähig sind7.

1.3.2 Drohende Zahlungsunfähigkeit

Eine drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn die Kriterien der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 Abs. 2 InsO mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eintreten. Dabei muss der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlicher sein als deren Vermeidung. Die Betrachtung der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist zeitraumbezogen. Das bedeutet, dass bei der Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit neben den fälligen auch die noch nicht fälligen Zahlungsverpflichtungen zu berücksichtigen sind. Der Zeitraum erstreckt sich bis zu der zuletzt fällig werdenden Forderung. Im Falle von langfristigen Verbindlichkeiten kann sich der Zeitraum folglich über mehrere Jahre ausdehnen. Zur Prüfung, ob der Schuldner voraussichtlich in der Lage sein wird, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, sollte ein Liquiditätsplan, bei mittelständischen Unternehmen ggf. ein Gutachten erstellt werden8.

1.3.3 Überschuldung

Für die juristischen Personen (AG, GmbH, KG aal, UG), sowie auch für die GmbH & Co. KG, ist die Überschuldung ein zusätzlicher Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.
Die Feststellung einer möglichen Überschuldung kann durchaus aufwändig sein und erfordert besondere Sorgfalt.

Der Überschuldungsbegriff definiert sich wie folgt:

Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. § 19 Abs. 2 InsO.

Zur Feststellung der Überschuldung trifft einen Geschäftsführer eine strenge Überwachungspflicht der Finanzen der Gesellschaft. Er hat in einer wirtschaftlichen Krise eine Fortbestehensprognose und eine Überschuldungsbilanz zu erstellen bzw. erstellen zu lassen, um zu überprüfen, ob bereits der Zustand der Überschuldung eingetreten ist. Die Überschuldungsbilanz wird grundsätzlich aus der Handelsbilanz abgeleitet und gibt über die tatsächlichen Werte des Gesellschaftsvermögens Auskunft. Darauf aufbauend ist eine Fortbestehensprognose, regelmäßig nach IDW S6 Standard zu erstellen, welche ermittelt, ob das Unternehmen weiterhin am Markt bestehen kann. Das bedeutet, dass ein Unternehmen, welches rechnerisch überschuldet ist, jedoch eine positive Fortführungsprognose hat, keinen Insolvenzantrag stellen muss. Liegt eine negative Fortführungsprognose vor, ist das Vermögen der Gesellschaft unter Zerschlagungswerten zu betrachten. Ergibt sich dabei eine Überschuldung, was regelmäßig der Fall ist, besteht die Pflicht zur Insolvenzantragsstellung.


Dieser Beitrag wurde entnommen aus dem Buch "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz" von Harald Brennecke, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Thomas Dörner, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Robin Bachmayer (Kapitel 5), wissenschaftlicher Mitarbeiter, 1. Auflage 2014


 

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Stand: Januar 2014


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt

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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
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Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Normen: §§ 16, 17 InsO

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