Kreditvertragsrecht – Teil 03 – Kontokorrent- und Überziehungskredit


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Alena Kehret
wissenschaftliche Mitarbeiterin



1.2. Kredit- und andere Finanzierungsarten im Überblick

Kreditverträge erfassen alle Verträge, durch die eine Partei einer anderen Partei Geld oder andere vertretbare Sachen auf Zeit zum Gebrauch überlässt. Die empfangende Partei muss das Geld oder den Gegenstand später zurückgeben, darf ihn in der Überlassungszeit aber für sich nutzen.
Die am Markt angebotenen Formen sind vielfältig und so bunt wie die Wünsche der Kreditnehmer nach verschiedenen Kredit- und Rückzahlungskonditionen selbst. Weil es völlig unterschiedliche Bedürfnisse, Vorstellungen und Möglichkeiten der Kunden gibt, ist das Angebot an Kredit- und Finanzierungsarten breit gestreut. Welche Form des Kredits vorliegt, wird im Vertrag genau bestimmt und richtet sich nach den Umständen und Zielen des Kredit- oder Finanzierungsvertrages.


1.2.1. Kontokorrent- und Überziehungskredit

Der Kontokorrentkredit ist ein Kredit in „laufender Rechnung“. Voraussetzung ist, dass der Kreditnehmer ein Konto beim Kreditgeber unterhält, auf dem dessen Forderungen gegen den Kreditnehmer und umgekehrt gegeneinander verrechnet werden.
Die häufigste Form des Kontokorrentkredits ist der Überziehungskredit, auch „Dispositionskredit“ oder „Dispokredit“ genannt, zwischen einer Bank und einem Bankkunden. Hier gewährt die Bank dem Kontoinhaber das Recht, das Konto bis zu einer bestimmten Kreditlinie in Anspruch zu nehmen, zu „überziehen“. Durch die jeweilige Überziehung wird der Kredit in Anspruch genommen. Der Kontoinhaber wird im Moment der Inanspruchnahme zur Rückzahlung verpflichtet und muss Zinsen auf die Höhe des jeweiligen Darlehenssaldos (also in Höhe der Überziehung) bezahlen. Die Rück- und Zinszahlung erfolgt in der Regel im Rahmen der Verrechnung, z.B. durch Gutschriften auf dem Konto.
Wann, wie oft und in welcher Höhe der Kontoinhaber den Kredit in Anspruch nimmt, kann er jeweils frei und spontan entscheiden, solange er sich im Rahmen der Kreditlinie hält. Das Darlehen ist dabei nicht an einen bestimmten Zweck gebunden. Ratenhöhe und Laufzeit des Kredits sind flexibel, das heißt der Bank steht erst nach Kündigung des Kontokorrentkredits der Rückzahlungsanspruch zu.
Will die Bank den Kredit kündigen, so kann sie dies ohne die Einhaltung einer Kündigungsfrist unter Rücksicht auf die Belange des Kunden tun. Diese Sonderregelung für unbefristete Kredite findet sich in Nr. 19 Abs. 2 AGB-Banken wieder. Wird der Kontokorrentkredit gekündigt, hat dies nicht automatisch zur Folge, dass auch der Girovertrag und die Kontokorrentabrede, also die Abrede bezüglich der regelmäßigen Verrechnung und Saldenstellung, die das Kontokorrentverhältnis begründet, gekündigt werden. Allerdings kommt es zum Wegfall der Kontokorrentabrede, wenn das Kontokorrentverhältnis, welches nur zur Abwicklung des Kreditverhältnisses bestand, mit dem Darlehen untrennbar verbunden ist.

Beispiel

Frau R hat bei der K-Bank ein Girokonto eröffnet. Ihr ist eine Kreditlinie bis zu 1.000 EUR eingeräumt worden. Auf dem Girokonto befindet sich aktuell ein Guthaben von 500 EUR. Frau R erteilt einer Handwerksfirma eine Einzugsermächtigung für Malerarbeiten zum Preis von 600 EUR. Der Betrag wird von ihrem Konto abgebucht. Eine Woche später zahlt Frau R 200 EUR ein. Wiederum 2 Wochen später hebt sie 400 EUR ab.
Durch die Abbuchung der Handwerksfirma wurde das Konto von Frau R um 100 EUR überzogen. Dadurch gewährte die K-Bank im Moment der Überziehung einen Kredit in Höhe von 100 EUR, den Frau R zurückzahlen musste. Die Rückzahlung erfolgte durch die 200 EUR, die Frau R eingezahlt hat; es entstand ein Guthaben von 100 EUR. Durch die Abhebung von weiteren 400 EUR wurde das Konto abermals überzogen, diesmal um 300 EUR. In diesem Moment gewährte die Bank Frau R erneut einen Kredit, den sie zurückbezahlen und verzinsen muss.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditvertragsrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Alena Kehret, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: November 2014


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

Beispiele aus dem Tätigkeitsbereich von Rechtsanwältin Carola Ritterbach:

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  • Durchsetzung von Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüchen bei Bankberatungsfehlern, z.B. beim Abschluss von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds, Schiffsfonds, Zinsdifferenzgeschäften, Swapverträgen etc.
  • Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
  • Rückabwicklung von Bankanlageprodukten, die sich im Nachhinein als Verlust erweisen
  • Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
  • Abwehr von Forderungen aus unzulässigen Klauseln in Bankverträgen
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  • Widerruf und Rückabwicklung von Immobiliendarlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufserklärungen
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  • Begleitung bei Sanierungen notleidender Finanzierungen
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  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
  • Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
  • Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
  • Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
  • Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
  • Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?

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