Der Gesellschaftsvertrag der GmbH – Teil 12 – Verdeckte Sacheinlage

4.1.2.2.2. Verdeckte Sacheinlage

Ein Problem bei der Gründung einer GmbH sind „verdeckte Sacheinlagen“.

Dabei wird formell eine Bareinlage geschuldet und vom Gesellschafter durch Einzahlung bewirkt. Danach kauft z.B. die GmbH von diesem Gesellschafter eine Sache, z.B. ein Kfz. Dadurch wird faktisch die Bareinlage des Gesellschafters gegen eine Sacheinlage eingetauscht. Wirtschaftlich gesehen handelt es sich von Anfang an um eine solche. Anstatt der Bareinlage hat der Gesellschafter eine Sacheinlage erbracht, die oft nicht den vereinbarten Wert der Bareinlage erreicht (Überbewertung). Für die Gesellschaft existiert die Bareinlage nicht mehr.

Eine verdeckte Sacheinlage liegt vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • satzungsmäßige Verpflichtung zur Bareinlage
  • Erbringung der Bareinlage
  • Erwerbsgeschäft zwischen GmbH und Gesellschafter über einen Gegenstand, der im wirtschaftlichen Wert der Bareinlage entspricht
  • enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen Bareinlageverpflichtung und Erwerbsgeschäft
  • vorherigen Vereinbarung zwischen GmbH und Gesellschafter darüber, dass der Gesellschafter zunächst seine Stammeinlage bar einzahlt und die GmbH danach eine in Höhe der Bareinlage wirtschaftlich gleichwertige Sache vom Gesellschafter erwirbt

Diese Verträge, d.h. z.B. der zwischen der GmbH und dem Gesellschafter abgeschlossene Kaufvertrag, sind nicht unwirksam. Der Wert der verdeckten Sacheinlage wird nach der Eintragung der GmbH im Handelsregister auf die Bareinlagepflicht des Gesellschafters angerechnet, § 19 Abs. 4 S. 3 und S. 4 GmbHG. Der Gesellschafter bleibt zur Zahlung der restlichen Stammeinlage verpflichtet. Die Beweislast für die Werthaltigkeit der Sacheinlage trägt nach § 19 Abs. 4 S. 5 GmbHG der Gesellschafter.

Das Registergericht lehnt eine Eintragung einer GmbH ab, wenn die Sacheinlage „nicht unwesentlich“ überbewertet ist, § 9 c Abs. 1 GmbHG.

Beispiel:

Am 01.06.2013 wird die ABC-Motor GmbH im Handelsregister eingetragen. Die GmbH hat 3 Gesellschafter, die durch die Satzung jeweils zur Leistung einer Bareinlage in Höhe von 20.000 € verpflichtet sind. Gesellschafter A zahlt die Bareinlage ein und schließt mit der
GmbH am 03.06.2013 einen Kaufvertrag über seinen gebrauchten BMW, Baujahr 2003, 80.000 km zu einem Kaufpreis in Höhe von 20.000 €. Die GmbH zahlt an A den vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 20.000 €. A überträgt sein Eigentum an dem Kfz auf die GmbH. Nach einem Sachverständigengutachten, dass der Geschäftsführer einholt, liegt der Wert des Kfz allerdings nur bei 10.000 €.
Durch das Erwerbsgeschäft wurde die Verpflichtung des A zur Leistung der Bareinlage faktisch umgangen. Er hat eine verdeckte Sacheinlage geleistet, die nicht dem Wert der vereinbarten Bareinlage entspricht. A muss weiterhin die Bareinlage leisten, angerechnet wird der Wert der verdeckten Sacheinlage in Höhe von 10.000 €. A muss somit an die GmbH noch 10.000 € bezahlen.

Im Übrigen spielt es keine Rolle, ob das Geschäft von der GmbH mit dem Gesellschafter selbst oder mit einem Dritten geschlossen wird. Da der Gesellschafter dadurch in gleicher Weise begünstigt wird.

Das heißt, schließt die GmbH mit

  • Ehegatten, Lebenspartnern, Kindern oder anderen nahen Angehörigen des Gesellschafters,
  • Unternehmen, mit denen der Gesellschafter verbunden ist oder
  • weiteren Dritte, die mit dem Gesellschafter verbunden sind

das Geschäft ab, wird die verdeckte Sacheinlage als wie vom Gesellschafter erbracht
behandelt.

Wichtig ist deswegen, in die Satzung Bewertungsregeln für Sachen, die die GmbH von den Gesellschaftern erwirbt, aufzunehmen.

Beispiel:

Die Satzung der Müller Autohaus GmbH regelt in § 5 Stammeinlagen:

Für die Einbringung eines Kfz eines Gesellschafters als Sacheinlage mit einem Wert von über 20.000 € sind zwei Dekra Gutachten einzuholen.

Fehlen Bewertungsregeln, kann es dazu kommen, dass die GmbH aufgrund falsch bewerteter verdeckter Sacheinlagen unterkapitalisiert ist.

Selbst wenn gegen die Regelung im Gesellschaftsvertrag verstoßen wird, in dem z.B. nur ein Gutachten eingeholt wird, hat dies zunächst keine Konsequenzen. Denn die Festlegung eines Wertes oder die Art der Bewertung einer Sacheinlage ist den Gesellschaftern entzogen. Welchen Wert diese hat wird objektiv bestimmt. Deckt der Wert der Sache aufgrund von Wertverschlechterungen den Anrechnungsbetrag im Zeitpunkt der Anmeldung nicht, so wird das Registergericht die Eintragung ablehnen. Die Vollwertigkeit der Sacheinlage ist vom Registergericht im Rahmen seiner Kontrollfunktion zu prüfen. Es braucht sich hierzu nicht auf die Angaben im Gesellschaftsvertrag und Sachgründungsbericht und die nach mit der Anmeldung einzureichenden Unterlagen zu beschränken.

Beispiel:

Bei der Gründung der A-GmbH vereinbaren die Gesellschafter A und B ein Stammkapital von 60.000 €. B soll ein Stammkapital von 5.000 € erbringen. Es wird weiter vereinbart, dass A das Stammkapital durch Einbringung seines LKW leisten kann. Der von Gesellschafter A eingebrachte LKW ist mit 60.000 € bewertet, der wirtschaftliche Wert liegt allerdings wegen mehrerer Mängel und dem dadurch bedingten Reparaturbedarf nur bei maximal 15.000 €. Das erforderliche Stammkapital von 25.000 € ist dann nicht erreicht.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass vor der Anrechnung des tatsächlichen Wertes der eingebrachten Sache der Betrag abzuziehen ist, der von der GmbH aus dem Gesellschaftsvermögen als Gegenleistung aufgewendet worden ist. (Fußnote)

Wird z.B. ein Mietshaus als Sacheinlage eingebracht, müssen vom dem wirtschaftlichen Wert die Sanierungskosten abgezogen werden, die die GmbH aufgewendet hat.

Beispiel:

Die Phantastische Handels GmbH hat laut ihrer Satzung ein Stammkapital in Höhe von 200.000 €. Herr Baum möchte Gesellschafter werden und soll bei seinem Eintritt in die Gesellschaft als Sacheinlage das in seinem Eigentum stehende Mietshaus Sonnenstr. 15 einbringen. Das Stammkapital der P-GmbH soll entsprechend um den Wert des Mietshauses erhöht werden.
Das Haus hat einen Wert von 100.000 €. Bevor es durch Herrn Baum in die Gesellschaft eingebracht wird, investiert diese zunächst noch 40.000 € in Sanierungsmaßnahmen, um das Haus in Schuss zu bringen und die erwarteten Mieteinnahmen zu steigern. Wegen dieser aufgewendeten Sanierungskosten können nur 60.000 € als Stammkapital eingebracht werden. Die Satzung ist dahingehend zu ändern, dass das Stammkapital 260.000 € beträgt.

Abgesehen von der verdeckten Sacheinlage können die Gesellschafter jederzeit Vermögensgegenstände in die GmbH einbringen, selbst wenn die Satzung das nicht vorsieht. Dies hat dann allerdings keinen Einfluss auf ihr Stammkapital.

Beispiel:

Zwei Jahre nach der Gründung der Lieferdienst GmbH bringt der Gesellschafter Herr Müller zwei neue Lieferwägen in die Gesellschaft ein. Die Satzung, die ein Stammkapital von 260.000 € vorsieht, wird jedoch nicht geändert.
Herr Müller kann die Lieferwägen wirksam auf die Gesellschaft übertragen. Diese wird neue Eigentümerin. Jedoch hat dies keinen Einfluss auf das Stammkapital. Das Stammkapital bleibt bei 260.000 €. Die Gewinnbezugsrechte des Herrn Müller verändern sich nicht.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Gesellschaftsvertrag der GmbH – Die GmbH Satzung in Theorie und Praxis“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Fabian Dietz, Rechtsanwalt, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-40-3.


 

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Stand: Januar 2015


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

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    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
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  • Liquidation von Gesellschaften
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  • Sanierung, Insolvenzvermeidung und Insolvenzbegleitung:
    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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Normen: § 5 GmbHG, § 9 GmbHG, § 19 GmbHG

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