Fehlerhafte Zinsberechnung von Banken – Teil 24 – Formularmäßige Schadenspauschalisierung


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Igor Ivanov
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


2.14.3. Formularmäßige Schadenspauschalisierung

Eine Nichtabnahmeentschädigung bzw. eine Vereinbarung über die Zahlung von Bereitstellungszinsen kann im Rahmen allgemeiner Geschäftsbedingungen pauschalisiert geregelt werden. Solche AGB Klauseln sind wirksam, solange sie den Darlehensnehmer nicht unangemessen benachteiligen.

Beispiel

A schließt mit der B-Bank einen Darlehensvertrag über 100.000 € ab. Das Darlehen soll ihm am 01.05.2015 ausbezahlt werden. Im Darlehensvertrag ist geregelt, dass die Bank bei Nichtabnahme der Darlehensvaluta eine Nichtabnahmeentschädigung in Höhe von 2 % des Darlehensbetrages verlangen darf. Noch bevor die Bank ihm das Geld ausbezahlt, ruft A bei der Bank an und teilt mit, dass er das Darlehen nun doch nicht benötigt, weil er unerwartet geerbt hat.Entsprechend des Vertrages kann die Bank von A eine Nichtabnahmeentschädigung in Höhe von 2 % des Darlehensbetrages, also insgesamt 2.000 € verlangen.

Wichtig ist bei einer Schadenspauschalisierung, dass die Regelung an den Zeitraum der geschützten Zinserwartung anknüpft. Mit einer Schadenspauschalisierung soll sowohl der entgangene Gewinn im Sinne des Zinsmargenschadens als auch der Zinsverschlechterungsschaden abgegolten werden. Wird neben einem Zinsmargenschaden also eine weitere Nichtabnahmeentschädigung verlangt, ist dies nicht rechtens.

Eine AGB Klausel, die Schadensersatzansprüche der Bank regelt, muss nicht ausdrücklich das Recht zum Nachweis eines geringeren Schadens enthalten. Unwirksam ist eine Klausel nur dann, wenn sie dem Kreditnehmer diesen Nachweis ausdrücklich oder konkludent nicht gewährt.

Eine in AGB vereinbarten Schadensersatzpauschale in Höhe von 4,5 % verstößt nicht gegen § 309 Nr. 5 BGB, da die vereinbarte Höhe nicht den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt.

Der Bundesgerichtshof hat pauschalisierte Nichtabnahmeentschädigungen in Höhe von bis zu 4,5 % des Darlehensbetrages als wirksam angesehen, wenn die Bank bei Darlehensauszahlung ein Disagio in entsprechender Höhe zugestanden hatte.
Die Bank darf allerdings nicht mehr verlangen, als ihr als Schaden entstanden ist. Eine Schadenspauschalisierung i.H.v. 3 % des Darlehensbetrages hat der BGH bestätigt, stellt aber auf die rechtlich geschützte Zinserwartung ab. Der Zeitraum der geschützten Zinserwartung ist der Zeitraum zwischen dem Tag des Vertragsabschlusses und dem Tag, an dem der Kreditnehmer den Kreditvertrag nach den vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmungen hätte kündigen können.

Ferner müssen die Voraussetzungen des § 323 BGB vorliegen:

  • Der Kreditnehmer muss zur Abnahme des Darlehens verpflichtet sein, was regelmäßig der Fall sein wird.
  • Der Kreditnehmer muss die Abnahme trotz hierauf gerichteter oder entbehrlicher Mahnung verweigert haben.
  • Für die Nichtabnahme des Darlehens muss der Kreditnehmer verantwortlich sein.

Dies wird regelmäßig der Fall sein, da die Verwendbarkeit des Darlehens allein in den Risikobereich des Darlehensnehmers fällt.

Beispiel

A will eine Immobilie erwerben und nimmt dafür ein Darlehen in Höhe von 374.895 € auf. Vereinbarungsgemäß werden ihm 95 % des Betrages ausbezahlt und 5 % als Disagio einbehalten. In den AGB des Vertrages ist geregelt: „Im Fall des Rücktritts vom Darlehensvertrag fordert die Bank vom Darlehensnehmer neben bereits gezahlten Darlehensbeträgen die bis zum Rücktritt anfallenden Zinsen und Bereitstellungszinsen und zur Abgeltung von Gebühren, Kosten und entgangenem Gewinn eine pauschale Entschädigung von 4,5 % des Darlehensbetrages.
Die Entschädigung ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn die Bank einen höheren oder der Kreditnehmer keinen oder einen geringeren Schaden nachweist.“Nach dem das Bauvorhaben nun doch nicht so verlaufen ist wie geplant, erklärt die B Bank den Rücktritt und fordert die Zahlung der bereits anfallenden Zinsen und die Pauschalentschädigung, mithin einen Gesamtbetrag von 37.800 €. Gerechnet hat die Bank mit der vollen Darlehenssumme (100 %). Die Schadenspauschale i. H. v. 4,5 % ist rechtens. Der Darlehensnehmer muss diese Pauschale der Bank als Schaden ersetzen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Igor Ivanov, wissenschaftlicher Mitarbeiter,mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8.


 

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Stand: Januar 2015


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  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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