Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis – Teil 31 – Beweislast


Autor(-en):
Michael Kaiser
Rechtsanwalt

Sebastian Galle
wissenschaftlicher Mitarbeiter


4.3.12 Nr. 12 – Beweislast

Nr. 12 erklärt AGB-Klauseln für unwirksam, die die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragspartners gegenüber dem Gesetz abändern.
Hierfür reicht es bereits aus, wenn vom Grundsatz abgewichen wird. Der Grundsatz lautet, dass die Partei, die eine bestimmte Rechtsfolge auslösen will, das Bestehen der hierzu notwendigen Voraussetzungen beweisen muss.
Das erlaubte Abweichen vom gesetzlichen Grundsatz (§ 780, 781 BGB für abstraktes Schuldanerkenntnis, § 779 BGB Vergleich als deklaratorisches Schuldanerkenntnis) unterfällt nicht § 309 Nr. 12 BGB, sondern höchstens § 307 BGB.


4.3.12.1 Nr. 12 a

Nach Nr. 12 a sind alle Änderungen der Beweislast unzulässig, wenn die zu beweisenden Umstände im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen.
So können in Lagerverträgen AGB-Klauseln vorkommen, in denen der Kunde nachweisen muss, dass das Lagergut durch Verschulden des Lagerhalters beschädigt oder verloren gegangen ist. Oft kann der Kunde weder den Lagerhalter überwachen, noch seine Handlungen und Versäumnisse zweifelsfrei nachweisen. Folglich ist es dem Lagerhalter einfacher zu beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft, als umgekehrt.
Ähnliches gilt bei Kaufverträgen, in denen der Nachweis der Mangelhaftigkeit dem Käufer obliegt, obwohl auf Verlangen des Verkäufers die Ware wieder beim Verkäufer vorliegt, zum Beispiel weil der Käufer diese wieder eingeschickt hat. In einem solchen Falle ist es dem Käufer kaum möglich den Nachweis der Mangelhaftigkeit zu führen. Der Verkäufer ist dafür beweispflichtig, dass er die Ware während deren Verbleib beim Verkäufer und bis zur Rückgabe an den Käufer weder vertauscht noch verändert hat.


4.3.12.2 Nr. 12 b

Durch die Bestätigung einer Tatsache wird die Beweislast auf den Bestätigenden verschoben, der nun nachweisen muss, dass das von ihm Bestätigte tatsächlich nicht vorliegt. Derartige AGB-Klauseln sind unwirksam. Eine Ausnahme besteht für Empfangsbekenntnisse, die gesondert unterschrieben werden.
Bei der Bestätigung von Tatsachen ist es unerheblich, ob die Tatsache zum Zeitpunkt der Bestätigung tatsächlich vorliegt.
Die Bestätigung, dass keine Nebenabreden getroffen worden sind, ist problematisch. Diese Vermutung trägt der Vertrag selbst in sich, sodass eine derartige Klausel überflüssig wäre. Zwar muss der Beweis von der Partei geführt werden, welche sich auf die Nebenabrede beruft, jedoch ist die Beweisführung erschwert, da sich der Anspruchsgegner auf einer derartige Bestätigung berufen könnte. Folglich wird zwar die Beweislast nicht geändert, jedoch erschwert. Dies ist ebenfalls von Nr. 12 erfasst.
Unwirksam sind AGB-Klauseln, in denen der Vertragspartner bestätigt mit gewissen Geschäften oder ihren Eigenschaften vertraut zu sein.
Ferner unwirksam sind Bestätigungen, dass die AGB ausgehändigt wurden oder individuell ausgehandelt worden oder gelesen und verstanden worden seien.
Ebenso unwirksam sind Erklärungen von Verbrauchern, über etwas aufgeklärt worden zu sein, was das Gesetz vorschreibt (wie das Recht auf Widerruf nach § 355 BGB, Versicherung nach § 7 VVG).
Ein vorformuliertes Empfangsbekenntnis ist nur gültig, wenn es gesondert unterschrieben wird. Dazu zählt, dass es deutlich vom Vertragstext (beispielsweise unter der Unterschriftenzeile) getrennt ist oder auf einem Extra-Dokument ausgefertigt wird. Zudem muss dem Unterschreibenden klar erkennbar sein, dass er mit der Unterschrift den Empfang bestätigt. Andere, die Beweislast ändernde Erklärungen auf einer Empfangsbestätigung sind unwirksam (beispielsweise Mangelfreiheit der gelieferten Ware).


4.3.12.3 Unternehmerischer Verkehr

Nr. 12 besitzt Indizwirkung. Auch im unternehmerischen Verkehr besteht die Annahme, dass es dem Unternehmer unmöglich ist, Umstände zu beweisen, die in der Sphäre des anderen Unternehmers liegen.Gesetzliche Beweislastregelungen sind ebenso im unternehmerischen Verkehr wirksam.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis“ von Michael Kaiser, auf AGB-Recht spezialisierter Rechtsanwalt, und Sebastian Galle, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-36-6.


 

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Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2014


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Über die Autoren:

Michael Kaiser, Rechtsanwalt

Portrait Michael-Kaiser

Michael Kaiser entwirft, prüft und überarbeitet seit vielen Jahren Allgemeine Geschäftsbedingungen für mittelständische Unternehmen.
Er bearbeitet klassische AGB wie Fernabsatzvereinbarungen, Widerrufsbelehrungen, Einkaufsbedingungen, Bestellbedingungen, Lieferbedingungen oder Datenschutzvereinbarungen. Daneben prüft er die AGB-Rechts-Konformität von Verträgen, die zu mehrfacher Benutzung bestimmt sind und damit bereits AGB darstellen, wie z.B. Rahmenverträge, Kooperationsverträge, Mietverträge oder Kaufverträge.

Michael Kaiser hat im AGB-Recht veröffentlicht:

  • Einführung ins Recht der AGB – Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis, 2014, Michael Kaiser und Sebastian Galle, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-36-6

  • AGB-Recht – eine Einführung in das Recht der AGB; Anwendung und Fallen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-36-6

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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  • AGB und ihre Anwendung – Mitarbeiterschulung; Fallen in der Praxis
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen im Onlinehandel und Fernabsatz
  • Widerrufsbedingungen im Fernabsatz: Gestaltung und Anwendung
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