Restschuldbefreiung: ausgenommene Verbindlichkeiten

Nach § 302 InsO werden verschiedene Verbindlichkeiten des Schuldners von der Restschuldbefreiung - Eine Einführung nicht berührt. Dies bedeutet, dass diese Forderungen nach der Erteilung der Restschuldbefreiung weiterbestehen. Zu diesen Verbindlichkeiten gehören: - Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, sofern der Gläubiger die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 II InsO angemeldet hatte - Geldstrafen, Geldbußen und diesen in § 39 I Ziff. 3 InsO gleich gestellte Verbindlichkeiten - Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden 

Vorsätzliche unerlaubte Handlung

Die Forderung muss sich aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ergeben (bedingter Vorsatz reicht aus). Forderungen aus unerlaubter Handlung können beispielsweise sein:

  • Forderungen aus Straftaten (z.B. Eingehungsbetrug, Schadensersatz aus Körperverletzung) 
  • von Geschäftsführern abzuführende Sozialabgaben für Mitarbeiter (Arbeitnehmer- wie Arbeitgeberanteil, § 266 a StGB),
    • selbst wenn kein Lohn mehr bezahlt wurde

Keine Forderungen aus unerlaubter Handlung sind beispielsweise:

  • Steuerforderungen aus Steuerhinterziehung 
  • Forderungen aus Steuerhaftungsbescheiden

Forderungen aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Schuldners werden von der Restschuldbefreiung nur dann nicht erfasst, wenn der Gläubiger bei der Forderungsanmeldung nach § 174 II InsO die Tatsachen angegeben hat, aus denen sich nach seiner Einschätzung ergibt, dass es sich um eine deliktische Forderung handelt. Es genügt also nicht, wenn der Gläubiger lediglich behauptet, dass es sich um eine solche Forderung handle. Der Schuldner kann dem Deliktscharakter der angemeldeten Forderung widersprechen. Dann muss der Gläubiger in einem zivilrechtlichen Feststellungsverfahren außerhalb des Insolvenzverfahrens den Rechtsgrund feststellen lassen, um eine Restschuldbefreiung bezüglich dieser Forderung zu verhindern. Widerspricht der Schuldner dem Vortrag nicht, ist die deliktische Eigenschaft der Forderung wie in einem rechtskräftigen Urteil festgestellt (§ 178 II InsO).

Beispiel:
Gläubiger Glatt meldet eine Forderung an, und legt beweisend dar, dass es sich um eine Forderung aus vorsätzlich begangener, unerlaubter Handlung handelt. Widerspricht der Schuldner diesem Vortrag nicht, ist diese Forderung nach § 302 InsO von der Restschuldbefreiung ausgenommen.

Nebenforderungen und Zinsen einer deliktischen Forderung werden von einer Restschuldbefreiung immer umfasst.

Geldstrafen und gleichgestellte Verbindlichkeiten

Geldstrafen und gleichstellte Verbindlichkeiten nach § 39 I Ziff. 3 InsO werden von der Restschuldbefreiung nicht erfasst. Gleichgestellte Verbindlichkeiten sind Geldbußen, Ordnungs- und Zwangsgelder. Beispiel: Gegen Schuldner Schubert wurde ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000,- € verhängt. Sollte Herr Schubert nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode die Restschuldbefreiung erlangen, so erstreckt sich die Restschuldbefreiung nicht auf das gegen ihn verhängte Ordnungsgeld. Das bedeutet, dass er die 1.000,- € – obwohl er Restschuldbefreiung erlangt hat – trotzdem noch zu zahlen hat. Die Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit die zu einer Geldzahlung verpflichten, sind von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Hierzu zählt z.B. Schmerzensgeld etc. Geldstrafen und Geldbussen sind auch während einer Insolvenz (aus dem pfändungsfreien Einkommen) zu bezahlen. Es gibt keinen Anspruch auf Stundung während der Insolvenz. Gleichwohl kann die Staatsanwaltschaft auf Antrag Ratenzahlung bewilligen.

Forderungen aus bestimmten zinslosen Darlehen

Mit dieser Regelung soll es Stiftungen oder auch öffentlichen oder karitativen Einrichtungen ermöglicht werden, dem Schuldner die Verfahrenskosten als zinsloses Darlehen zur Verfügung zu stellen, ohne dass diese unter die Restschuldbefreiung fallen. Beispiel: Schuldner Schubert erhält als Unterstützungsleistung von einer karitativen Einrichtung ein zinsloses Darlehen, um überhaupt Zugang zu einem Verbraucherinsolvenzverfahren zu erlangen (Anwaltskosten, Gerichtskosten). Diese Forderung fällt ebenfalls nicht unter eine erteilte Restschuldbefreiung. Voraussetzung ist, dass es sich um ein zinsloses Darlehen gehandelt haben muss. Außerdem muss das Darlehen zweckgebunden zur Begleichung der Verfahrenskosten gewährt worden sein.

 

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Restschuldbefreiung - Schuldenabbau durch Insolvenz (Chancen und Risiken der Restschuldbefreiung)" von Harald Brennecke und Markus Jauch, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 3-939384-00-3, ISBN ab 01.01.2007: 978-3-939384-00-7.

 

 
Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Juni 2006


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Normen: § 302 InsO, § 174 II InsO, § 39 I Ziff. 3 InsO, § 266 a StGB, § 178 II InsO

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