Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages - Teil 21 – Wettbewerbsverstöße des Handelsvertreters

 

2.8.2. Wettbewerbsverstöße des Handelsvertreters

In welchem Umfang Wettbewerbshandlungen des Handelsvertreters unzulässig sind, soll im Folgenden kurz umrissen werden:

2.8.2.1. Unzulässige Verwendung von Kundenlisten durch den Handelsvertreter

Die unzulässige Verwendung von Kundenlisten ist die wohl bedeutsamste und praxisrelevanteste Wettbewerbshandlung des Handelsvertreters.

Nun stellt sich folgendes Problem:
Der Handelsvertreter hat durch seine Tätigkeit für den Unternehmer eine Kundenliste angelegt oder vom Unternehmer eine Kundenliste bekommen. Fraglich ist, ob der Handelsvertreter gegen die Wettbewerbsabrede verstößt, wenn er die Kundenliste verwertet.

Zu Beachten:
Kein wettbewerbswidriges Verhalten liegt vor, wenn der Handelsvertreter Kundenadressen verwertet, die in seinem Gedächtnis geblieben sind. Gleiches gilt für solche Kunden, die keinen dauerhaften geschäftlichen Kontakt zu dem Unternehmer hatten.

Aber:

Es ist wettbewerbswidrig, wenn sich der Handelsvertreter auf irgendeine Art fremde Kundenlisten beschafft oder Kundenlisten ohne Erlaubnis für seine Zwecke kopiert, bevor er diese bei Vertragsende an den Unternehmer zurückgeben müsste.

Fraglich bleibt noch, ob der Handelsvertreter die Kundenlisten auch verwerten darf. Es kommt darauf an, ob ihn ggü. dem Unternehmer eine Verschwiegenheitspflicht über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse trifft oder nicht (§ 90 HGB).
Grundsätzlich unterliegt der Handelsvertreter einer Geheimhaltungspflicht. Verwertet er die Kundenlisten trotzdem, liegt darin ein klarer Wettbewerbsverstoß. Trifft den Handelsvertreter hingegen keine Pflicht zur Geheimhaltung, darf er die Kundenlisten zu Wettbewerbszwecken nutzen und auch verwerten.

Fällt eine Kundenliste unter den Begriff des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses (§ 90 HGB)?
Bei den Kundenlisten ist ein Geheimhaltungsinteresse grundsätzlich anzunehmen, denn der Kundenstamm gehört zu den wertbildenden Faktoren eines Unternehmens. Deshalb handelt es sich bei Kundenlisten immer um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse.

Die Beweislast, dass Kundenlisten durch den Handelsvertreter unbefugt verwertet werden, trägt der Unternehmer. Es kann auch sein, dass der Unternehmer auf die Geheimhaltung keinen Wert legt. Es kann sich auch um offenkundige Adressen handeln. In diesen Fällen ist der Handelsvertreter beweispflichtig.

2.8.2.2. Wettbewerbliche Vernichtungsmaßnahmen des Handelsvertreters

Anzumerken ist, dass der Handelsvertreter ein bloßes Rundschreiben an die Kunden seines früheren Unternehmens verschicken darf. Er darf in dem Rundschreiben auf die Vertragsbeendigung und seine künftige Tätigkeit hinweisen. Die Versendung eines bloßen Rundschreibens ist noch nicht als Wettbewerbsverstoß anzusehen.

Im folgenden Fall handelt der Handelsvertreter aber sittenwidrig:
Der Handelsvertreter versucht direkt nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages mit einem Schlag den gesamten Kundenkreis seines früheren Arbeitgebers an sich zu ziehen. Hiermit versucht er den Unternehmer wirtschaftlich zu vernichten . Ein konkreter Erfolg der Bemühungen des Handelsvertreters ist nicht erforderlich.

Das Abwerben ist unter bestimmten Gesichtspunkten (planmäßig, zielbewusst) immer wettbewerbswidrig.

Beispiel:
Der Handelsvertretervertrag zwischen Unternehmer und Handelsvertreter ist seit wenigen Tagen beendet. Jetzt stattet der ehemalige Handelsvertreter den Kunden des Unternehmers persönliche Besuche ab. Er will dem Unternehmer die Kunden bewusst abwerben.
Im Abwerben liegt ein Verstoß gegen die getroffene Wettbewerbsabrede.

Der Handelsvertreter wird die Kunden abwerben, indem er versucht sich selbst diesen ggü. zu empfehlen.

2.8.2.3. Aufforderung an Kunden zum Vertragsverstoß

Der Handelsvertreter darf keine Wettbewerbshandlungen vornehmen, die darauf abzielen die Kunden des Unternehmers dazu zu bringen, die laufenden Verträge zu brechen oder diese zu widerrufen.
Die Aufforderung an Kunden zum Vertragsverstoß ist als Wettbewerbsverstoß anzusehen, weil hier in auffälligem Maße gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstoßen wird.

2.8.2.4. Schlechtmachen der Produkte des Unternehmers

Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot liegt vor, wenn der Handelsvertreter beispielsweise das von ihm bisher vertretene Unternehmen, dessen Mitarbeiter oder Produkte schlecht macht. Daneben kann der Handelsvertreter auch unlautere Werbemittel einsetzen, d.h. er macht unrichtige Angaben über Produkte . Dies schadet dem Unternehmer und stellt auch einen Wettbewerbsverstoß dar.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Handelsvertreter - Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungspflichten" von Harald Brennecke und Kathrin Stipp, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 3-939384-03-8, ISBN ab 01.01.2007: 978-3-939384-03-8.


 

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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.

Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.

Er begleitet den Aufbau und die Konzeption von Franchisesystemen und Partnersystemen im Bereich Handel, Dienstleistung und Beratung. Er gestaltet und prüft Franchiseverträge und Masterfranchiseverträge. Er verhandelt für Parteien von Franchisesystemen im Interesse einer konstruktiven Zusammenarbeit und vertritt bei Verletzungen der Verpflichtungen von Franchisegebern und Franchisenehmern.

Rechtsanwalt Brennecke vertritt weiterhin bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten und Geschäftsgeheimnissen. Er ist besonders spezialisiert auf zivilrechtliche wie strafrechtliche Verfahren in Bezug auf  unzulässige Verwendung von Kundendaten und anderen Geschäftsgeheimnissen (17 UWG).

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so

  • "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
  • "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
  • "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0


Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Provision des Handelsvertreters
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  • Der Buchauszug – Anforderung und Auswertung
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  • Grundlagen der Franchise – wie Franchisenehmer gute Franchisesysteme erkennen
  • Schuldübernahme des vorhergehenden Franchisenehmers nach 25 HGB als Risiko bei der Fortführung Franchisestandorte durch neue Franchisenehmer
  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis


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Telefon: 0721-20396-28

 


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