Heilmittelwerbung – Teil 01 – Gesamtrechtsrahmen

Autor(-en):
Moritz Schmid
wissenschaftlicher Mitarbeiter



Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Einleitung

Sowohl in den Print- als auch in den elektronischen Medien wimmelt es von Anzeigen für sie sog. „Allheilmittel“. Sie sollen unseren Schlaf verbessern, Erkältungen in einer Woche bekämpfen und schlank ohne Diäten machen. Viele Verbraucher spricht diese Art von Anzeigen an. Jeder möchte seine gute Gesundheit aufrechterhalten oder verbessern. Die Verbesserung der Gesundheit ist allerdings nicht das einzige Ziel der Heilmittelindustrie. Ein großer Fokus liegt an dem Absatz der hergestellten Präparate und Stärkung der wettbewerblichen Stellung des Unternehmens.
Angelockt durch Versprechungen der Werbeanzeige erwirbt der Verbraucher die beworbenen Produkte in der Hoffnung, sein körperliches Unwohlsein zu beenden. Ein Arztbesuch wird oftmals unterlassen. Dabei besteht die Gefahr, dass der Irrglaube und eine falsche Selbstdiagnose zu einer Gesundheitsschädigung führen. Um das Werbepublikum vor einer unsachlichen Beeinflussung und möglicher Irreführung durch die Heilmittelwerbeanzeigen zu schützen, hat der Gesetzgeber das Heilmittelwerbegesetz erlassen. Es enthält Regelungen darüber, welche Mittel als Heilmittel zu qualifizieren sind, welche Modalitäten bei Heilmittelwerbung zu beachten sind und gegenüber welchem Personenkreis geworben werden darf. Die Vorschriften des HWG stellen sicher, dass die Werbeadressaten umfassend über das beworbene Produkt informiert sind und das Für und Wider des Produktes zuverlässig abwägen können.
Unternehmer, die für Heilmittel werben wollen, müssen sich strikten Vorgaben unterwerfen und umfassend über die geltenden Bestimmungen informieren. Dieses Werk befasst sich eingehend mit den Anforderungen an die Heilmittelwerbung.

1. Gesamtrechtsrahmen für Heilmittelwerbung

Die Vorschriften, die sich mit Heilmittelwerbung befassen, finden sich nicht nur in einem Gesetz. Die Heilmittelwerbung ist in verschiedenen Gesetzen geregelt. Der Gesamtrechtsrahmen für die Heilmittelwerbung setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: den nationalen Vorschriften und dem Recht der europäischen Union.

1.1 Nationale Vorschriften

Nationale Vorschriften gelten nur innerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Von Bedeutung sind insbesondere das Heilmittelwerbegesetz (HWG) und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Mit dem HWG hat der Gesetzgeber spezifische öffentlich-rechtliche Werbe-bestimmungen für Heilmittel erlassen. Es berücksichtigt vorrangig gesundheits-politische Notwendigkeiten (Fußnote). Das Ziel des HWG ist es, die Adressaten der Heilmittelwerbung vor unsachlicher Beeinflussung zu bewahren. Es dient dem Verbraucherschutz und der Volksgesundheit (Fußnote). Die Verletzung der Vorschriften des HWG kann mit staatlicher Repression nach den Vorgaben der §§ 14 ff. HWG als eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Bei dem HWG handelt es sich deshalb um eine Rechtsquelle, die dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist (Fußnote).
Neben dem HWG kann das UWG eigenständige Bedeutung haben. Es regelt die privatrechtlichen Rechtsverhältnisse zwischen Werbungtreibenden untereinander (Fußnote). Die Tatbestände des UWG greifen ein, wenn das HWG nicht anwendbar ist. Relevant ist die eigenstände Anwendung im Hinblick auf das Verbot unsachlicher Beeinflussung nach § 4 Nr. 1 UWG und die Irreführungstatbestände der §§ 5, 5a UWG. Zu berücksichtigen ist, dass die Wertungen des HWG auch bei dessen Unanwendbarkeit auf das allgemeine Wettbewerbsrecht Einfluss haben und die Lauterbarkeitstatbestände verschärfen können. Das ist z.B. bei irreführender Werbung der Fall (Fußnote).

Die Heilmittelwerbung findet zusätzliche Einschränkungen in den Vorschriften des Apothekenrechts, Arzneimittelpreisrechts und des Berufsrecht für Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Psychotherapeuten (Fußnote).

Weiterhin sind die produktspezifischen Vertriebsregelungen zu beachten. Sie enthalten für die Heilmittel, die dem Anwendungsbereich des HWG unterfallen, wichtige Bestimmungen. Die wichtigsten Vertriebsregelungen sind dem Arzneimittelgesetz (AMG) und Medizinproduktegesetz (MPG) zu entnehmen. Als Beispiel sind §§ 10, 11 Abs. 1, Abs. 5 S.2, Abs. 6 AMG zu nennen, die die Werbung auf dem Etikett und in der Packungsbeilage von Arzneimitteln generell verbieten. Wichtige Regelungen zur Irreführung bei Medizinprodukten enthält § 4 Abs. 2 MPG (Fußnote).

Von den gesetzlichen Vorschriften sind Wettbewerbsregeln zu unterscheiden. Bei Letzteren handelt es sich um Regeln, die sich private Wirtschaftskreise und Verbände selbst gegeben haben, wie z.B FSA-Kodex, AKG-Kodex oder Kodex Medizinprodukte. Sie binden nur die Mitglieder des jeweiligen Wirtschaftskreises. Sie können als ein Indiz bei der Feststellung der Unlauterkeit im Wettbewerbsrecht dienen (Fußnote).

1.2 Recht der europäischen Union

Neben dem nationalen Recht finden sich Werbevorschriften im sekundären Unionsrecht. Zu berücksichtigen sind folgende Richtlinien:

• Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (GK)
• Richtlinie 2005/20/EG über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL)

Der GK gilt nur ausnahmsweise unmittelbar. An Bedeutung gewinnt er bei richtlinienkonformen Auslegung und Fortbildung der HWG und UWG. Außerhalb des vollharmonisierten Bereichs der Humanarzneimittelwerbung existieren punktuelle produktspezifische Werbenormen für Heilmittel. In diesem Bereich ist die UGP-RL zu beachten (Fußnote).


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Werbung für Heilmittel“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Irina Golubkov, wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


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Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei allen Fragen zum Handel am Kapitalmarkt. Dies umfasst nicht nur die Handelsobjekte des Kapitalmarktes im engeren Sinne, wie Aktien, Schuldverschreibungen, Aktienzertifikate, Genussscheine und Optionsscheine sondern auch die Handelsobjekte des grauen Kapitalmarktes, wie Anteile an Publikumspersonengesellschaften. Rechtsanwältin Ritterbach bietet ihre Beratung und Prozessvertretung im Kapitalmarktrecht Anlegern von Kapitalanlagen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Prospekthaftung oder fehlerhafter Anlageberatung sowie Unternehmern an. Diese unterstützt sie beispielsweise bei der kapitalmarktrechtlichen Compliance, denn nicht nur bei der erstmaligen Emission von Wertpapieren hat der Emittent Informations- und Berichtspflichten einzuhalten. Finanzanlagenvermittlern bietet Rechtsanwältin Ritterbach Beratung und Vertretung vor allem im Bereich der Berufsausübungspflichten, der Gewerbeerlaubnis sowie der Dokumentation ihrer beruflichen Tätigkeiten.

Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht. 

Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:

  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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